am 15. März 2023 im Rationaltheater
Berlin 1990: der Palast der Republik wird wegen einer Asbestverseuchung geschlossen. Wenige Jahre später wird er abgerissen – und mit ihm zusammen ein Stück ostdeutscher Geschichte. In CINEMA PUNKT 6 machen wir eine Reise zurück in die Vergangenheit und erkunden in Lyrik-, Essay- und Filmformat die historische und politische Bedeutung jenes umstrittenen Baus.
DER LETZTE TAG DER REPUBLIK / THE LAST DAY OF THE REPUBLIC von Gerhard Falkner und Reynold Reynolds
Der Band basiert auf einem Filmprojekt des amerikanischen Videokünstlers Reynold Reynolds und des vielfach ausgezeichneten deutschen Schriftstellers Gerhard Falkner. Der Film, der im Buch in zahlreiche Standbilder aufgelöst wird, reflektiert den äußerst kontrovers diskutierten und umstrittenen Abriss des 1976 in Ostberlin eröffneten Palasts der Republik – damals Sitz der Volkskammer und Wahrzeichen der DDR, heute Zeugnis und Symbol eines untergegangenen Staates. Reynolds raffiniert geschnittenes filmisches Abbruch-Ballett zeigt an urzeitliche Echsen erinnernde Kräne und Bagger, die sich unter grotesken Verrenkungen und mit fast schon slapstickhafter Geschwindigkeit in die Mauern des einstigen Repräsentationsbaus der DDR fressen. So wie der Palast der Republik in Reynolds Film Schicht für Schicht abgetragen wird, so gräbt der Lyriker Gerhard Falkner in seinem zu diesem Film entstandenen Gedicht in der Vergangenheit und schlägt mit einprägsamen Bildern den Bogen von der Gegenwart bis in die Antike. „Es wird bleiben ein Loch in der Luft, so groß wie ein Schloss“: Reynolds Filmstills und Falkners Gedicht sind von düsterer Schönheit und legen gleichzeitig Zeugnis ab von der offensichtlichen Hilflosigkeit beim Umgang mit der jüngeren deutschen Geschichte. Reynolds gleichnamiger Film aus dem Jahr 2010 wird im Anschluss an die Lesung vorgeführt.
WAS EIN PALAST-ABRISS IN BERLIN DER GANZEN REPUBLIK NOCH ZU SAGEN HAT: HISTORISCH-POLITISCHE ERWÄGUNGEN von Dr. Peter Geist
Der Literaturwissenschaftler, Essayist und Kritiker Dr. Peter Geist ergänzt mit einem Originalbeitrag CINEMA PUNKT 6. Sein zweiteiliger Essay betrachtet die Geschichte des Palastes sowohl von einer historischen als auch einer politischen Warte und komplementiert Falkners Lyrik und Reynolds filmische Eindrücke.