Filme mit Brisanz: Die seit Ende des 19. Jahrhunderts bis weit in die 1950er Jahre verwendeten Filmträger auf Nitratbasis wurden mit Schwefel- und Salpetersäure aus Baumwollresten hergestellt. Dieses hochbrisante Gemisch ist nichts anderes als Schießbaumwolle und hat eine höhere Sprengkraft als Schwarzpulver. Filme mit Nitrozelluloseträger fallen deshalb heute unter das Bundessprengstoffgesetz.
Im Rahmen unserer neue Reihe FORGOTTEN NITRO spüren wir verschollene Filme auf, die einen großen Einfluss auf die Geschichte der Kinematografie hatten. Mit dieser Initiative möchten wir nicht nur diese längst vergessenen Schätze wieder zugänglich machen, sondern auch die unverwechselbare Wärme und Tiefe des analogen Films auf die Leinwand bringen.
Wir glauben, dass Bilder auf Zelluloid eine ganz besondere Ästhetik besitzen, die digitale Formate oft nicht erreichen können. In FORGOTTEN NITRO zeigen wir die wiederentdeckten Kopien auf originalem 16mm Material, was das Rationaltheater zu einem der letzten Orte in München macht, in dem das Publikum die Möglichkeit hat, kinematographisches Erbe in seiner authentischen Form zu erleben.
FORGOTTEN NITRO 3 wurde 1958 von einem bedeutenden Vertreter der Nouvelle Vague in Frankreich gedreht. Seine beachtlichen künstlerischen Qualitäten überzeugen im Gegensatz zu seiner Wertung als „erotischer Skandalfilm“ zur Uraufführungszeit auch heute noch. Mit ironisch unterspülter Präzision und poesievoll-romantischer Delikatesse löste der Film bei seinem Erscheinen in den 50er Jahren einen Skandal aus. Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten urteilte 1963 in seiner Entscheidung zu Jacobellis v. Ohio, dass der Filmnicht „obszön“ und daher durch den 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten geschützt ist. Zuvor war Nico Jacobellis, der den Film in seinem Kino zeigte, von einem Gericht in Ohio für schuldig befunden worden. Der Oberste Gerichtshof von Ohio bestätigte das Urteil, bis es in letzter Instanz verworfen wurde. Das Statement „I know it when I see it“ von Richter Potter Stewart in der Begründung seines Sondervotums wurde zu einem der bekanntesten Zitate des Obersten Gerichts. Stewart erklärte, dass Hard-Core-Pornografie nicht durch die Verfassung geschützt sei, und obwohl er keine Definition für diese Art von Inhalt angeben kann, der Film nicht darunterfalle. Lassen sie sich überraschen!
Wir zeigen eine 16mm s/w Kopie in deutscher Sprache ohne Untertitel – und auf völlig ungefährlichem Cellulose Acetat! Nach den Vorführungen wird ein Filmgespräch angeboten, in dem unser Publikum mit dem Vorführer und erfahrenen Cineasten diskutieren kann.
Gehen Sie mit uns auf eine faszinierende Reise durch die Filmgeschichte und erleben Sie die Magie des analogen Films in seiner reinsten Form!
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Moderation
Charlotte Herold
Ralf Marthaler
Dietmar Höss
Einlass: 19 Uhr
Beginn: 20 Uhr
Eintritt: FREI